Donnerstag, 17. Februar 2011

1 Jahr

Heute vor einem Jahr, am 17.02.2010, haben wir Deutschland verlassen.

In Schiltach am Bahnhof habe ich meine Familie zum letzten Mal umarmt, leb wohl gesagt, nicht gewusst wann ich sie wieder sehen würde. (Ein Wiedersehen kam ja aber schneller als gedacht) Ich habe den ganzen Weg bis Frankfurt geheult. Ryan hat immer wieder gefragt, warum ich so traurig bin. Wir wussen nicht wie wir ihm das ganze erklaeren sollten.

Heute sitze ich nun in Australien, die Sonne geht gerade unter und färbt die Zimmerwand rot und ich muss wieder heulen. Es ist ein komischer Tag!

Vorhin habe ich mit meinen Eltern telefoniert. Meine Mama hat gefragt ob ich es noch nicht bereut habe. Ich weiß nicht was sie hören wollte.

NEIN, ich bereue es nicht. Und JA, natürlich habe ich manchmal Heimweh, und NEIN, ich weiß noch nicht ob ich für immer in Australien bleiben will. JA, es ist schön hier und NEIN, es ist nicht alles perfekt. Nirgends auf der Welt ist es perfekt. Australien scheint für viele ein Paradies zu sein. Wer hierher in Urlaub kommt, schaut sich ja nur das Beste an. Aber hier Urlaub machen und hier zu leben sind zwei Paar Stiefel. Es ist nicht einfach seine Heimat hinter sich zu lassen und neu anzufangen!

Ihr habt es ja die letzten Wochen in den Nachrichten gesehen. Australien ist ein Land der Extreme. Extrem heiß, extrem gefährlich. Wenn es regnet, dann aber richtig. Und wenn die Sonne knallt, dann aber so, dass man nur noch neben dem Kühlschrank sitzen möchte. Man lebt mit giftigen Tieren in einem Haus, im Meer schwimmen kann tödlich sein. Das Hautkrebsrisiko ist nirgends so hoch wie in Australien. Die Lebenshaltungskosten sind wesentlich höher als in Deutschland und die Sozialleistungen wesentlich schlechter. Hier an der Central Coast ist der Lebensstandard erschreckend niedrig. Und dennoch, das Leben ist hier Lebenswert. Die Leute sind gut drauf, relaxed, happy, freundlich. Sie sind nicht gestresst wie in Deutschland. Im Supermarkt machen die Kassiererinnen Smalltalk während sie einem die Ware in Plastiktüten (Umweltschutz ohweh!) einpacken. Wenn ich da an die nette Kassiererin im Plus auf dem Sulgen denke, die einem vor lauter Eile die Ware vom Fließband in den Wagen schmeißt (gell Papa, du weist wen ich meine), dann muss ich schmunzeln. Hier nehmen sich die Leute etwas mehr Zeit füreinander. Ich glaube das macht die Sonne. Das Licht tut den Menschen einfach gut! Und mir tut es auch gut. Wenn ich am Strand sitze, Ryan beim Toben in den Wellen zuschaue, vielleicht selber mal kurz in die Wellen hüpfe, dann bin ich glücklich. Dennoch, Strand und Sonne ist nicht alles. Mama, Papa, Nicole und Maik. Ihr fehlt mir! Jeden Tag denke ich an euch! Das schlimme an Australien ist, dass es soooooooo unendlich weit weg ist von Deutschland.

1 Jahr. Es ging schnell vorbei. Und es ging alles gut. Als wir die Kündigung für unser Haus in Berkeley Vale bekommen haben hatte ich zwar einen Tiefpunkt, aber in dem Haus in Long Letty fühle ich mich mittlerweile wohl und zu Hause. Die Nähe zum Strand und Spielplatz hat viele Vorteile. Zwar haben wir keinen großen Garten mehr, dafür aber auch viel weniger Arbeit.

Was noch fehlt sind einfach die sozialen Kontakte. Ich hatte ja schon mal erwähnt, dass ich in Dora eine nette Freundin gefunden habe. Aber dennoch fühle ich mich oft einsam. Russell kommt nie vor 19 Uhr nach Hause, da kann der Tag dann schon ganz schön lang sein.

Es gibt auch hier in Australien einige Angebote für Mutter-Kind-Aktivitäten, aber die sind alle kostenpflichtig und man muss auch hier erst mal seinen Weg finden, rausfinden wo was stattfindet und dann das Richtige aussuchen.

Was mir hier sehr gut gefällt sind die vielen Spielplätze. Viele Orte haben auch einen Sportsclub mit Spielplatz. Dort kann man sich mit anderen Müttern treffen, gemütlich einen Kaffee trinken und die Kinder toben lassen.

Ich hatte gehofft in Australien auch beruflich etwas Erfahrung zu sammeln. Naja, richtig intensiv habe ich mich um dieses Thema nicht gekümmert, aber durch die komische Kindergartensituation habe ich auch die Lust nach einem Job zu suchen wieder verloren. Allerdings sind wir hier an der Central Coast auch in der falschen Region. Würden wir in Sydney wohnen gäbe es vermutlich gute Möglichkeiten für mich. Wobei wir beim Thema Wohnort wären. Die Central Coast.

Die Landschaft gefällt mir sehr gut hier. Die Strände sind toll, es gibt einige Nationalparks. Alles ist Zentral und es gibt einiges zu tun. Aber, es ist eine alte Gegend. Die Hauser sind alt, neue Bauplätze gibt es nicht und die Nähe zu Sydney macht die Region extrem teuer. Ab ca. 600 000$ hat, kann sich hier ein schönes, modernes Haus kaufen welchen meinen deutschen Ansprüchen entsprechen würde. Ab 400.000 $ gibt es vielleicht ein nettes 3-Zimmerhaus auf 1 Etage und darunter sind es Bruchbuden. In Sydney brauch ich mich gar nicht umzuschauen, dort sind die Preise jenseits von Gut und Böse. Angeblich soll es in Queensland besser sein. Keine Ahnung, habe noch nicht recherchiert.

Man kann Australien und Deutschland nicht vergleichen. Es sind einfach verschiedene Welten. Aber genau das macht das Ganze ja Interessant. Vor einem Jahr sind wir in ein Abenteuer aufgebrochen und sind noch mittendrin. Wer weiß, was ich nächstes Jahr am 17.02. schreibe!

Als kleine Belohnung für eure Treue zu mir und meinem Blog habe ich ein kleines Video für euch:

How to catch a Funnel Web
Die Funnel Web ist die giftigste Spinne Australiens. Ein Biss endet meist tödlich. Diese hier war aber nur genervt.


2 Kommentare:

  1. Hallo Yvonne,
    ich kann es gar nicht glaube, dass Du nun schon ein ganzes Jahr weg bist... wobei durch Deinen Blog bist Du uns immer ganz nah...Bitte schön weiter schreiben...
    LG Petra

    AntwortenLöschen
  2. Hallo Schwesterle,
    als ich den Eintrag gelesen haben sind mir die Tränen gekullert. Fehlst uns au ganz arg. Aber als ich das Spinnenvideo dann gesehen habe war´s ganz schnell wieder trocken. Ich hoffe solche riesen Dinger bleiben mir im Sommer erspart. Igit.

    Bin stolz auf Dich das du alles so gut hinbekommen hast aber au traurig weil du hier halt fehlst.

    Ich denk ganz fest an dich.

    Deine Nicole

    AntwortenLöschen